Solothurner mit dem EHC Biel auf dem Weg in die Nati
Yanick Stampfli (links) in seinem 100. NLA-Spiel für Biel gegen die SCL Tigers | ![]() |
Yanick Stampfli aus Subingen ist einer der wenigen Solothurner, die in der National League Eishockey spielen. Der 22-jährige Verteidiger hat soeben beim EHC Biel für weitere zwei Jahre verlängert und vor zwei Wochen gegen die SCL Tigers sein 100. Spiel in der höchsten Liga bestritten. Als «Kopf der Woche» spricht Yanick Stampfli darüber, wie er vom top-skorenden Stürmer zum Verteidiger umfunktioniert wurde, über seine Verbundenheit mit dem EHC Biel, die fünf Jahre in Zug und wo er für sich noch Verbesserungspotential sieht.
Sind Sie zufrieden mit dem neuen Vertrag? Sie haben soeben für zwei Jahre bei Biel verlängert. Der Vertrag stimmt für mich hundertprozentig. Ich wollte unbedingt bei Biel bleiben. Ich weiss, was ich bei Biel habe – ich kenne hier alles und viele kennen mich. Das ist wichtig für mich, damit ich meine Leistung aufs Eis bringe. Ich glaube, dass ich in Biel derzeit die besten Chancen habe, mich weiterzuentwickeln. Biel ist inzwischen ein absoluter Topverein in der Schweiz. Gab es auch andere Vertragsangebote? Hätte es gegeben, ja. Sie waren schon als Junior in Biel? Genau. Ganz am Anfang war ich in Zuchwil, habe dann aber schon als Piccolo nach Biel gewechselt und da gespielt, bis ich 15 Jahre alt war. Ich war so viel in diesem Stadion, praktisch jeden Tag zwei Mal. Das Bieler Eisstadion war wie mein zweites Zuhause. Trotz meinem anschliessenden Wechsel nach Zug blieb ich immer mit Biel verbunden. Mein Vater ist in Biel Trainer: Assistenztrainer bei den Minis. Betreffend Wechsel nach Zug: Sie wechselten mit 15 Jahren an die Hockey Academy des EV Zug. Wie kam das? Es war damals die beste Möglichkeit für mich, Sport und Beruf zu verbinden. Ich habe in Zug die Ausbildung zum Büroassistenten gemacht, an der Academy in einer virtuellen Firma, und konnte gleichzeitig von den perfekten Trainingsstrukturen profitieren. Haben Sie gependelt? Nein, zuerst wohnte ich bei einer Gastfamilie und dann später in einer Spielerwohnung. Ich bin eigentlich, seit ich 13 Jahre alt war, regelmässig weg von zuhause. In Biel habe ich die Sportschule besucht. In dieser Saison haben Sie auch ein paar Spiele mit La Chaux-de-Fonds gemacht, dem Partnerverein von Biel. Die Zusammenarbeit mit La Chaux-de-Fonds ist Bestandteil des Vertrages. Nach einem Ausfall, wie ich es mit meiner Ellbogenverletzung kurz vor den Playoffs 2022 erlebt habe oder bei meiner Knieverletzung während der Vorbereitung auf die Saison 22/23, ist es ein Vorteil, wenn man beim Partnerteam wieder Spielpraxis aufbauen kann. Wie kamen Sie überhaupt zum Eishockey? Durch meinen Vater – er hat mich schon mit 2-jährig auf die Eisbahn mitgenommen und dann habe ich bald darauf angefangen, in Zuchwil Eis-hockey zu spielen. Einmal haben Sie in einer Saison bei den U15-Junioren in Biel 40 Tore in 28 Spielen erzielt – wohl kaum als Verteidiger? (Lacht). Nein, bis Ende Novizenalter spielte ich im Sturm – übrigens in der gleichen Linie wie Janis Moser und Gilian Kohler. Dann kam auf Stufe Elitejunioren der Wechsel zum Verteidiger. Und wie kam es zum Wechsel zum Verteidiger? Es gab damals zu wenig Verteidiger und so hat mich mein damaliger Coach Leo Schumacher gefragt, ob ich mich als Verteidiger versuchen möchte, da er bei mir grosses Potenzial sah. Zu Beginn gefiel mir das nicht wirklich – ich wollte halt Tore schiessen. Aber der Coach war begeistert von meiner Verteidiger-Leistung und so bin ich auf dieser Position geblieben. Schnell fand ich Gefallen an meiner neuen Aufgabe und heute möchte ich es nicht mehr anders. Eben, im Angriff kann sich die Rolle im modernen Spiel verändern. Roman Josi, Captainder Nashville Predators, hat als NHL-Verteidiger in gut 800 Spielen mehr als 150 Tore und 430 Assists erzielt – eine stolze Punkteausbeute. Ja, er ist das beste Beispiel, dass man auch als Verteidiger Tore schiessen kann. Er ist ein absoluter Ausnahmekönner, ein riesiges Vorbild für alle Schweizer Eishockeyspieler. Wie wars in den Junioren-Nationalmannschafts-Stufen, die Sie auch durchlaufen haben? Bis U17 war ich Stürmer, ab der U18 dann Verteidiger. Wie würden Sie sich als Mensch einschätzen – eher der Draufgänger oder eher der, der erst einmal die Lage checkt und dann das weitere Vorgehen entscheidet? Ich würde sagen beides. Wenn ich mich wohl fühle, lege ich meine Schüchternheit ab. Wenn vieles neu oder noch unbekannt ist, bin ich eher zurückhaltend. Dann passt das mit dem Verteidiger mit Offensiv-Genen ja prima. Sollte die NHL eines Tages anklopfen, würden Sie den steinigen Weg über die Minor Leagues allenfalls gehen, wenn es nötig wäre? Da mache ich mir im Moment keine Gedanken. Ich fokussiere mich vollkommen auf den EHC Biel und hier will ich alles geben und mich in allen Bereichen verbessern. Sollte sich die Chance eines Tages ergeben, würde wohl kaum jemand nein sagen. Welche Rolle trauen Sie sich für die Zukunft zu? Ich möchte mich zu einem soliden Offensivverteidiger beim EHC Biel entwickeln. Ein nächstes Ziel wäre dann, für die Nationalmannschaft zu verteidigen. Man hat immer Luft nach oben, um besser zu werden. Wo sehen Sie am ehesten Steigerungspotenzial? Beim Antritt könnte ich noch explosiver sein, und in der Offensive ist sicher noch etwas mehr Präsenz nötig. Defensiv kann ich noch an Aggressivität zulegen. Ich bin noch lange nicht dort, wo ich sein möchte. Aber ich versuche, mich täglich zu verbessern. Gibt es andere Sportarten oder Hobbys? Ich mache allgemein gern Sport, Tennis zum Beispiel. Ich habe auch angefangen, Golf zu spielen. Ich will bald die Platzreife machen und möchte dann auch regelmässig spielen. Gibt es eine Art «Best Moment» in Ihrer notabene noch sehr jungen Profikarriere? Das erste National-League-Tor gegen die ZSC Lions im Jahr 2020 war sicher ein besonderer Moment. Auch das Spiel Zug – Biel im April 2021 war für mich sehr speziell, da ich gegen Leonardo Genoni ein Tor erzielt habe und am Schluss zum «Best Player» gewählt wurde. Das war natürlich ein schöner Moment für mich, weil ich auch einige Zeit in Zug verbracht habe. Sie haben soeben Ihr 100. Spiel in der höchsten Liga bestritten und gegen die SCL Tigers leider verloren. Ja, leider – es war natürlich trotzdem kein ganz alltägliches Spiel für mich. Aber so läuft das im Sport. Es ist ein stetiges Auf und Ab. Sie spielen oft an der Seite von Beat Forster, der fast doppelt so alt ist wie Sie. Wie können Sie von ihm als Routinier profitieren? Beat Forster ist ein Eckpfeiler in unserer Mannschaft. Von seiner Erfahrung kann ich sehr profitieren. Er hilft gerne und gibt sein Wissen weiter. Er kann seine Fähigkeiten auch sehr gut vermitteln. Als Winner-Typ weiss er, was es für den Erfolg braucht. Gerade auch in stressigen Momenten oder wenn es mal nicht so toll läuft, profitiert man natürlich von ihm. Haben Sie ein Vorbild oder einen Lieblingsklub? Früher waren es die Washington Capitals – ich war und bin ein grosser Fan von Alexander Owetschkin. Seit ich zum Verteidiger umfunktioniert wurde, ist natürlich Roman Josi mein Vorbild. Was er leistet und bis jetzt erreicht hat, ist fantastisch. Leider habe ich ihn noch nie persönlich getroffen. Gibt es einen Traum, den Sie sich in Ihrem Leben erfüllen möchten? Ich würde gerne einmal in der Schweizer Nationalmannschaft spielen. Ausserdem reise ich gerne. Die Westküste der USA zu bereisen ist definitiv ein grosser Wunsch von mir. Wer weiss – vielleicht wohnen Sie ja demnächst mal in den USA, mit einem NHL-Vertrag. Warum gibt es eigentlich so wenig Solothurner Spieler in der National League? Wir haben im Kanton Solothurn halt keinen grossen Klub mit der Ausstrahlung wie Bern und Biel, der die Jungen anzieht. Das macht sicher viel aus. Von Solothurn aus muss man früh in einen anderen Verein wechseln, wenn man auf höheren Juniorenstufen spielen will, und das wollen nicht alle. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Sicher gesund zu bleiben. Das ist das Allerwichtigste, damit ich Schritt für Schritt vorwärtskomme in meiner Hockey-Laufbahn. Und natürlich mit dem EHC Biel möglichst viele Erfolge feiern. Interview Michael Schenk